Lichen Ruber (Knötchenflechte)

Bei der Knötchenflechte (lat. Lichen ruber planus) handelt es sich um eine entzündliche, nicht ansteckende Hauterkrankung, die insbesondere im mittleren Erwachsenenalter auftritt. Kinder und ältere Menschen sind nur selten betroffen.

Was ist eine Knötchenflechte?

Bei der Knötchenflechte kommt es zu meist stark juckenden, flachen, rötlich-bläulichen Knötchen, die oft eine weiße, netzartige Zeichnung an ihrer Oberfläche aufweisen. Häufig befallene Hautareale sind die Beugeseiten der Handgelenke, die Lenden- / Kreuzbeinregion und der Fußknöchelbereich. Bei schweren Verlaufsformen kann jedoch der ganze Körper betroffen sein (lat. Lichen ruber exanthematicus). Abheilende Knötchen führen oft zu einer lang anhaltenden braunen Pigmentierung der Haut. Vor allem im Unterschenkel-, Knöchel- und Fußrückenbereich können warzenartige, bräunlich-rote Knötchen und Knoten entstehen, die meist nur schlecht auf die Therapie ansprechen und lange bestehen bleiben (lat. Lichen ruber verrucosus). In seltenen Fällen kommt es nicht zu den typischen Hautveränderungen, sondern zu stecknadelkopfgroßen rötlichen Knötchen im Bereich der Haarfollikel, so dass sich die Haut wie ein Reibeisen anfühlt (lat. Lichen ruber follicularis). Bei dieser Form sind häufig die Gelenkbeugen, der obere Stamm, die Oberschenkelinnenseiten sowie die Kreuzbeinregion betroffen. Bei dieser wie auch anderen Lichen ruber -Formen ist ein Befall der Kopfhaut möglich, bei der es durch Zerstörung und Vernarbung der Haarfollikel zu einem dauerhaften Haarverlust kommt.

Im Rahmen einer Knötchenflechte an der Haut treten bei 25-70 % der Patienten auch Schleimhautveränderungen auf, die sich durch eine weißliche Verfärbung (lat. Lichen ruber mucosae) oder schmerzhafte offene Stellen (lat. Lichen ruber erosivus mucosae) an der Schleimhaut auszeichnen. Seitliche Wangenschleimhäute und die Seitenflächen der Zunge sind am häufigsten befallen, seltener das Lippenrot, die Genital- und Analschleimhäute. Verlaufsformen, bei denen es nur zu einem Schleimhautbefall und nicht zu den typischen Hautveränderungen kommt, sind nicht selten. Bei einem Teil (ca. 10 %) der Patienten kommt es ebenfalls zu Veränderungen an meist mehreren Nägeln (z.B. Riffelung, Spaltung, Grübchen, Wachstumsstörungen), die eventuell dauerhaft sein können. In seltenen Fällen ist auch das Auftreten von Blasen bzw. die blasige Umwandlung bestehender Hautveränderungen möglich (lat. Lichen ruber pemphigoides).

Die Ursachen der Knötchenflechte

Die Gründe für die Entstehung einer Knötchenflechte sind noch nicht genau geklärt. Bei manchen Patienten werden Begleiterkrankungen (z.B. Stoffwechselerkrankungen wie Zuckerkrankheit, ein erhöhter Cholesterinspiegel oder ein erhöhter Harnsäurespiegel, Lebererkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Lymphome) gefunden. Die Bedeutung dieser Erkrankungen für die Knötchenflechte bleibt jedoch meist fraglich. Es ist ferner unklar, ob psychische Faktoren und Stress mitursächlich für die Knötchenflechte sind oder ob sie nur Folgen der teils belastenden Hauterkrankung sind. Bitte beachten Sie, dass durch Irritation der Haut (z.B. durch Kratzen, in alten Narben, bei Bestehen andere Hauterkrankungen) die Knötchenflechte provoziert werden kann und sich neue Hautveränderungen entwickeln können (sog. Köbner-Phänomen). Genau abgeklärt werden sollten die von Ihnen eingenommenen Medikamente, da bestimmte Medikamente der Knötchenflechte ähnliche Hautausschläge provozieren können.

Insbesondere ist auf nachfolgende Wirkstoffe ist zu achten:

  • Rheumamittel wie Goldsalze, Penicillamin
  • Antibiotika wie Streptomycin, Tetrazykline
  • Antidiabetika wie Tolbutamid, Sulfonylharnstoffe
  • Antimalariamittel wie Chloroquin, Hydroxychloroquin, Chinin, Chinidin
  • Psychopharmaka wie Phenothiazine, Levomepromazin
  • Diuretika ("Wassertabletten") wie Chlorothiazid, Hydrochlorothiazin
  • Tuberkulostatika, Ethambutol
  • ACE-Hemmer wie Captopril, Enalapril
  • Blutdruckmittel wie Methyldopa, Propanolol
  • Dapson.

Zudem können derartige Hautreaktionen nach Kontakt zu Farbfilmentwicklern (z.B. Paraphenylendiaminsalze) auftreten.

Bei dem so genannten Lichen ruber verrucosus wird gehäuft ein Krampfaderleiden der Beine gefunden, weshalb eine Untersuchung der Beinvenen bei dieser Form des Lichen ruber sinnvoll ist.

Zur Sicherung der Diagnose wird normalerweise in örtlicher Betäubung eine kleine Hautprobe entnommen, die anschließend mikroskopisch untersucht wird. Zur Abklärung von eventuellen Begleiterkrankungen werden u.a. Blutentnahmen notwendig.

Die Behandlung

Die Behandlung wird individuell festgelegt, insbesondere in Abhängigkeit von der Ausdehnung der Hautveränderungen, dem Juckreiz, der Beeinträchtigung im täglichen Leben und kosmetischer Probleme wie Haarverlust. Soweit möglich werden Begleiterkrankungen (siehe oben) behandelt. Zur Juckreizlinderung können Antihistaminika in Tablettenform (z.B. Loratadin, Cetirizin, Hydroxyzin), im Rahmen eines stationären Aufenthaltes auch als Infusion (z.B. Dimetinden) eingenommen werden. Da es bei der Knötchenflechte zu einer Entzündung in der Haut kommt, werden entzündungshemmende Medikamente wie Kortison erfolgreich eingesetzt. Umschriebene Hautveränderungen bessern sich häufig unter einer mehrere Wochen bis Monate dauernden äußerlichen Behandlung mit Kortisonpräparaten. Insbesondere bei warzenartigen Hautveränderungen an den Unterschenkeln (Lichen ruber verrucosus) wird diese Kortisontherapie als Okklusivtherapie mit Folienabdeckung oder durch Einspritzen einer Kortisonlösung in die Hautveränderungen durchgeführt. Bei einem ausgedehnten Hautbefall werden neben einer Salbentherapie Bestrahlungstherapien mit ultraviolettem Licht (z.B. UVB und/oder UVA) angewendet. Sollte auch dies noch nicht zum Erfolg führen, kommen Medikamente in Tablettenform zum Einsatz. Häufig wird hierbei eine Zeit lang mit Kortison behandelt. Zusätzlich wird dann das Retinoid Acitretin (ein Vitamin-A-Säure-Abkömmling) gegeben, welches unter Umständen längerfristig einzunehmen ist. Die Kortisontabletten werden dafür so schnell wie möglich wieder reduziert und abgesetzt. Eine Kombination von Retinoid und PUVA-Therapie (sog. RePUVA) ist möglich und sehr wirksam. Bei einer Retinoidtherapie wie auch bei anderen, seltener bei der Knötchenflechte eingesetzten Systemtherapien (z.B. Azathioprin, Ciclosporin A) müssen regelmäßig die Laborwerte kontrolliert werden.

Bei Mundschleimhautveränderungen sollten Sie den Genuss von sauren, heißen oder scharfen Speisen und Getränken, von Nikotin und Alkohol meiden, eine sorgfältige Zahn- und Mundhygiene betreiben und schlecht sitzende Prothesen vom Zahnarzt korrigieren lassen, um die Provokation neuer Mundschleimhautveränderungen zu vermeiden und bestehende Veränderungen nicht weiter zu irritieren. Zudem kann anfänglich eine lokale Kortisontherapie mit Mundspülungen oder mittels spezieller Haftpasten versucht werden. Bei schwerem Befall mit schmerzhaften offenen Schleimhautveränderungen wird jedoch häufig eine Tablettentherapie (siehe oben) notwendig.

Bei Befall des Genital- und Analbereiches sind Sitzbäder (z.B. mit Schwarztee) sowie niedrig konzentrierte Kortisonpräparate in Pasten- oder Cremeform sinnvoll.

Die Nagelveränderungen sprechen in der Regel nur schlecht auf eine Therapie an. Versucht werden können kortisonhaltige Tinkturen sowie Unterspritzungen mit Kortisonpräparaten. Zudem sollten die Nägel kurz geschnitten werden, um eine Irritation des Nagelbettes durch mechanische Belastungen zu verhindern.

Um den vernarbenden Haarverlust im Rahmen eines Lichen ruber aufzuhalten, müssen meist Tabletten (z.B. Kombination von Prednisolon und Acitretin) über längere Zeit eingenommen werden Örtlich können begleitend noch kortisonhaltige Tinkturen oder Unterspritzungen angewendet werden.

Der Erkrankungsverlauf ist individuell sehr unterschiedlich. So kann die Hauterkrankung innerhalb mehrerer Monate abheilen, eventuell mit noch länger sichtbaren braunen Hautpigmentierungen. Sie kann jedoch auch über Jahre bestehen bleiben. Bei solchen sehr langwierigen Verläufen (mit sehr dicken warzenartigen Hautveränderungen) oder bei Schleimhautbefall sollten Ihre Haut und Schleimhäute regelmäßig von Ihrer Hautärztin kontrolliert werden, da sich in seltenen Fällen bösartige Geschwülste entwickeln können.

Wir hoffen, einige Ihrer Fragen mit diesem Informationsblatt beantwortet zu haben und wünschen Ihnen alles Gute auf Ihrem Weg zur Genesung, Ihr Praxisteam.


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